„Wir können alles. Außer hochdeutsch“. Das war der Slogan einer Werbekampagne für das Bundesland Baden-Württemberg aus dem Jahr 2010. Die Kampagne war erfolgreich und hat dem Land viele Sympathien eingebracht. Stellt sich nun die Frage, ob die Aussage „wir können alles“ auch für die Erzeugung von Wein in Baden Württemberg gilt. Die Antwort lautet: Ja. Sowohl Baden als auch Württemberg sind beides Regionen mit langer Tradition im Weinbau. Beide Regionen bringen heute hervorragende Weine hervor. Die Region Baden hat, was die klimatischen Verhältnisse anbelangt, einen leichten Vorteil, die Qualität der Badischen Weine ist entsprechend hoch. Aber auch Württemberger Wein kann international mithalten, die schwäbischen Winzer überzeugen mit anspruchsvollen Weinen, die vielfach prämiert werden.
Badischer Wein
Baden ist mit fast 16.000 Hektar Rebfläche Deutschlands drittgrößtes Weinanbaugebiet und erstreckt sich wie ein bunter Streifen über 400 Kilometer von der Tauber bis zum Bodensee. Baden ist äußerst vielschichtig. Hier grenzen verschiedene Bundesländer aneinander. Baden bildet die Grenze zu Frankreich. Franken, Hessen, Kurpfälzer, Schwaben, Alemannen sind hier zu Hause.
Durch die Mittelgebirge von Odenwald und des Schwarzwald einerseits und den Vogesen andererseits besonders geschützt, herrscht hier, inmitten der Oberrheinischen Tiefebene, das sonnigste und wärmste Klima Deutschlands – ein Klima, wie man es sonst eher in mediterranen Zonen erwarten würde. Gleichzeitig werden die Reben optimal mit Wasser versorgt, da im Stau des Schwarzwaldgebirges ausreichend Sommerniederschläge fallen. Es gibt kaum ein anderes Weinbaugebiet auf der Welt, in dem die Kombination der Klimafaktoren Wärme, Sonnenschein und Niederschlag so gut vorhanden ist. Deshalb können hier in Baden die Weinreben hervorragend Zucker bilden und hohe Anteile an Mineralstoffen in die Weintrauben einlagern – beste natürliche Bedingungen für die Erzeugung qualitativ hochwertiger Weine mit teilweise beeindruckender Lagerfähigkeit. Die Bodenarten reichen von Kies über Kreide, Lehm, Löß, Vulkangestein bis zum Muschelkalk. Entsprechend vielfältig sind auch die badischen Weine im Geschmack.
Die schwer zu bewirtschaftenden Hanglagen erfordern trotz modernster Techniken noch immer einen erheblichen Handarbeitsaufwand. Die relativ hohe Anzahl der Badener Weinbetriebe ist historisch begründet und resultiert aus der Realteilung, d.h. der Aufteilung der vorhandenen Flächen zwischen den Erbberechtigten bei jedem Erbgang. Das Ergebnis waren kleinste Partiellen die jeweils für den Weinbau zur Verfügung standen. Ungefähr 75% der Anbaufläche Badens werden von Genossenschaftsmitgliedern bewirtschaftet, rund 15% der Anbaufläche von Weingütern, der Rest von Erzeugergemeinschaften.
In Baden nehmen derzeit die drei Hauptrebsorten der Burgunderfamilie, nämlich der Weißburgunder, der Grauburgunder (auch Ruländer) und der Blaue Spätburgunder, mehr als 40% der gesamten Rebfläche ein. Sie werden ergänzt durch die Sorten Chardonnay, Auxerrois und Schwarzriesling. Nicht allein der Flächenanteil über 50% des gesamtdeutschen Burgunderanbaus, sondern insbesondere die Art und Ausprägung der Burgunderweine Badens haben wesentlich zum Profil und Image des badischen Weines beigetragen. Begünstigt durch die topographischen und klimatischen Vorgaben, können sich die Burgunder in Baden in diesem Ausmaß ausbreiten und die gewünschten hohen Qualitäten hervorbringen. Zusätzlich gibt es in den Regionen viele spezielle Rebsorten, die besonders hervorragende Weine hervorbringen und die hohe Qualitätskompetenz der Winzer bei den Weinen aus diesen Rebsorten bestätigen. Beispiele hierfür sind der Gutedel im Markgräflerland, der Riesling in der Ortenau, Auxerrois im Kraichgau und Schwarzriesling in Tauberfranken. Im Rheintal hat die Natur ein kleines Paradies geschaffen: den Kaiserstuhl. Der Kaiserstuhl bildet die Heimat außergewöhnlicher Weine. An der sonnigsten Seite, zwischen Weinbergen mit besonders mildem Klima gesegnet liegt zum Beispiel Ihringen. Die Weinbaugemeinde Ihringen im Schwarzwald ist der wärmste Ort Deutschlands. Mit 360 Hektar Rebfläche und 700 Mitgliedern zählt die Kaiserstühler Winzergenossenschaft Ihringen zu den größten Weinbaubetrieben Badens. Außerdem gibt es hier den größten Holzfasskeller Badens.
Württemberger Wein
Unter Deutschlands großen Weinbaugebieten belegt Württemberg Platz vier. Von diesen ist es das einzige, das mehr Rotwein als Weißwein produziert. Bei über 70 Prozent liegt der Rotweinanteil. Es ist noch gar nicht wirklich lange her, da hat der versierte Weinkenner den Württemberger Wein eher ignoriert als getrunken. Heute räumen die schwäbischen Weinbauer bei Wettbewerben viele Preise ab. Das Weinanbaugebiet in und um Stuttgart, im Remstal und im Unterland hat längst nicht mehr nur Trollinger zu bieten. Zu den wichtigen Rebsorten in Württemberg zählen, neben der urschwäbischen Spezialität Trollinger bei den Roten Weinen, auch Schwarzriesling, Lemberger und Spätburgunder. Bei den weißen Gewächsen sind es vor allem Riesling, Müller-Thurgau, Silvaner, Grauburgunder und Kerner. Weite Teile des Weinbaugebiets erschließt die Württemberger Weinstraße, die von Weikersheim in der Nähe von Bad Mergentheim bis nach Metzingen, östlich der Stadt Tübingen gelegen, mehr als 500 Kilometer hauptsächlich am Neckar und seinen reizvollen Seitentälern entlang führt. Das Klima für den Württemberger Wein ist gut, Schwarzwald und Schwäbische Alb schützen die Tallage des Neckars und sorgen für ein mildes Jahresklima. Die Böden setzen sich zusammen aus verschiedenen Keuperformationen. Die Gesteine sind im allgemeinen mehr sandig-toniger als kalkiger Natur. Im mittleren Neckarraum spricht man von Muschelkalkinseln.
Wer Württembergs Weinbaugegenwart verstehen will, muss in die Vergangenheit schauen. Es gibt das Gerücht, die Römer hätten den Weinbau nach Württemberg gebracht. Dafür gibt es aber keine Belege. Wahrscheinlicher ist, dass die Franken im achten Jahrhundert den Württembergern das Weinmachen beigebracht haben. Der Start der Schwaben beim Weinbau war ziemlich miserabel – und es wurde lange Zeit kaum besser mit dem Württemberger Wein. Die schlechte Qualität des schwäbischen Rebensafts lag an strukturellen Gegebenheiten und am praktizierten württembergischen Geschäftsmodell. Vor allem die Grundherren, die Adelshäuser, die Klöster und die Wirte verdienten Geld mit dem Wein. Das Risiko hatten sie aber auf die Weingärtner ausgelagert, die eigentlich nur Traubenproduzenten waren. Wegen der erblichen Realteilung verfügten diese meist nur über kleinste Flächen und bauten nebenher noch Getreide und Gemüse an. Die Bauern mischten alle möglichen Rebsorten durcheinander, weil dadurch der Ertrag höher und die Gefahr einer Missernte geringer wurde. Und sie lasen die Trauben zu früh, um sicherzugehen, dass auch nichts verfaulte. Die Qualität des Weines im Schwabenland war miserabel.
Dass sich Württemberg als Weinbauregion – im Gegensatz zum Moseltal oder zum Rheingau – über Jahrhunderte hinweg keinen guten Ruf erarbeiten konnte, liegt also weniger an den klimatischen Bedingungen, als vielmehr an diesen kleinteiligen Weinflächenstrukturen. Noch im 19. Jahrhundert bauten nur ein paar Dutzend aristokratische oder bürgerliche Weingüter hochwertige Sorten an, die erst die Grundlage für hochwertigere Weine bilden konnten. Dafür hatten die Strukturen einen demokratischen Effekt: Die Weingärtner schafften es, das Eigentumsmonopol der Grundherren zu untergraben und die Weinberge in Besitz zu nehmen. Die kleinteiligen Besitzstrukturen bildeten wiederum die Grundlage für die Gründung der Genossenschaften. Von den derzeit rund 5800 württembergischen Weinbaubetrieben bewirtschaften nach wie vor nur 100 eine mehr als fünf Hektar große Fläche. In Württemberg gibt es mehr als 50 Genossenschaften, die etwa 80 Prozent des Weins vermarkten. Selbstständige Weingüter entstanden erst im 20. Jahrhundert. Vor 25 Jahren setzten einige Württemberger schließlich zu einer rasanten Aufholjagd an. Schwäbischer Wein wurden kontinuierlich besser.
Wenngleich man sagen muss, auch wenn der Schwabe sparsam ist, die Top-Weine gibt es nicht zum kleinen Preis. Gute Qualität hat ihren Preis. Auch beim Wein und auch in Württemberg. Feine Tropfen aus dem Schwäbischen gibt es eben nicht zu Schwabenpreisen! Natürlich gibt es das gern getrunkene “Viertele” wie der Schwabe den Viertelliter Wein nennt, auch schon als Landwein. Aber Top-Gewächse finden sich am anderen Ende der Wein- und vor allem auch der Preisskala. Nun soll es hier aber nicht um den Preis, sondern vielmehr um Qualität und Geschmack des Württemberger Weines gehen. Ein kleiner Exkurs hinsichtlich Weinanbau bzw. Qualitätsstufen sei also noch erlaubt.
Qualitätsstufen Deutscher Wein
Welche Qualitätsstufen gibt es und wie sind die jeweiligen Stufen charakterisiert? Die größte Anzahl deutscher Weine sind “Qualitätsweine”. Qualitätsweine müssen zu 100% aus einem der 13 deutschen Anbaugebiete (z.B. Württemberg) stammen und die amtliche Qualitätsweinprüfung bestanden haben, die eine sensorische und analytische Kontrolle des Weins umfasst. Für jeden Qualitätswein sind, unterschiedlich nach Rebsorte und Anbaugebiet, untere Grenzwerte beim natürlichen Alkoholgehalt festgelegt. Qualitätsweine dürfen vor der Gärung mit einer gesetzlich begrenzten Menge an Zucker angereichert werden, um den Alkoholgehalt des Weines etwas zu erhöhen.
Deutlich höhere Anforderungen gelten für “Prädikatsweine”. Diese Anforderungen betreffen Reife, Harmonie und Eleganz. Bei Prädikatsweinen darf keine Anreicherung erfolgen. Es gibt sechs verschiedene Prädikate, jeweils mit unterschiedlichen Mindestmostgewichten je nach Rebsorte und Anbaugebiet. Dabei gelten in südlicheren Anbaugebieten, also beispielsweise für Württemberger- bzw. Schwäbischen Wein meist höhere Anforderungen. Folgende Prädikate gibt es (in aufsteigender Reihenfolge):
Kabinett: leichte & feine Weine aus reifen Trauben mit wenig niedrigem Alkoholgehalt
Spätlese: elegante & reife Weine mit feiner Frucht, die teilweise später geerntet werden
Auslese: edle Weine aus vollreifen Trauben, unreife Beeren werden ausgelesen
Beerenauslese: volle fruchtige Weine aus überreifen, edelfaulen Beeren
Trockenbeerenauslese: aus rosinenartig und edelfaulen Beeren (süß und honigartig, ausgeprägte Alterungsfähigkeit).
Eiswein: aus Trauben, die in gefrorenem Zustand gelesen werden.
Außerdem gibt es noch den Deutschen Landwein. Dieser zählt zu den Weinen mit geschützter geografischer Angabe. Landwein ist ein einfacher Wein, der typisch für seine Region ist. Landwein wird überwiegend als trockener oder halbtrockener Wein angeboten.
Daneben gibt es noch den Deutschen Wein (früher Landwein). Bei Deutschen Wein dürfen auch der Jahrgang und die Rebsorte(n) auf dem Etikett angegeben werden. Die Qualitätsanforderungen sind jedoch niedriger als die von Qualitäts- und Prädikatsweinen.